Auf den Verteidigungsfall vorbereiten

Die anhaltende militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine und die damit verbundenen geopolitischen Spannungen haben tiefgreifende sicherheitspolitische Konsequenzen für Europa. Davon bleibt auch die regionale Wirtschaft nicht unberührt.

Die zunehmende Bedrohungslage erfordert nicht nur eine Anpassung der militärischen Strategie, sondern auch vorbeugende Maßnahmen der Zivilgesellschaft und damit auch der Wirtschaft. Dabei geht es nicht zwangsläufig um einen bewaffneten Konflikt: Cyberangriffe auf staatliche Einrichtungen und Unternehmen sind seit Jahren an der Tagesordnung und physische Sabotageakte z.B. auf Infrastruktur nehmen zu. Gezielte Desinformationen sollen die Gesellschaft verunsichern und spalten.

Für die steigenden Anforderungen an die innere Sicherheit sind die sog. Blaulicht-Organisationen der Länder verantwortlich. Für die betriebliche Sicherheit hingegen sind es die Unternehmen selbst.

Die nachfolgenden FAQ sollen Unternehmen dabei helfen, die Risiken der wachsenden Bedrohungslage einzuschätzen, eigene Vorsorge zu betreiben und die Resilienz gegenüber einer Krisensituation zu schärfen. Diese Seite wird fortlaufend aktualisiert.

Wie kann ich meine Gefahrenlage einschätzen?

Führen Sie eine Risiko-Analyse durch: Je bedeutsamer die Rolle eines Unternehmens für die Verteidigung oder das Funktionieren von Staat und Gesellschaft, desto größer ist das Risiko eines möglichen Angriffs. Dabei kommt es nicht auf Bekanntheit oder Unternehmensgröße an. Haben Ihre Produkte oder Dienstleistungen eine zentrale Stellung z.B. als Zulieferer in der Wehrtechnik oder in der IT? Dann ist der Gefährdungsgrad natürlich höher. Je nach Spezialisierungsgrad können auch kleine Unternehmen ins Visier geraten. Sind Sie Teil der kritischen Infrastruktur? Oder sind Sie Hersteller von Lebensmitteln oder Medikamenten und Hygiene-Artikeln, die für die Versorgung der Bevölkerung ebenso wichtig sind, wie für das Militär? Für viele Unternehmen wird es unabhängig von ihrer Größe sinnvoll sein, mittels einer Risikoanalyse Gefahren und Schwachstellen zu identifizieren und daraus Maßnahmen zur Vorbeugung einzuleiten.

Welche vorbeugenden Maßnahmen kann ich ergreifen?

Leiten Sie aus der Risiko-Analyse einen Maßnahmenplan ab: Dazu ist es oft hilfreich, zunächst einen Sicherheitsbeauftragten zu benennen und folgenden Fragen nachzugehen: .

- Wie kann ich den Zugang zum Unternehmen sichern - durch Kontrollen, Tore und Zäune. Kameras und andere bauliche Maßnahmen?

- Ist unser Unternehmen bei einem Ausfall der IT-Systeme oder bei einem Stromausfall weiter handlungsfähig? Gibt es alternative Kommunikationswege?

- Wer hat in der Belegschaft besondere Kompetenzen durch Tätigkeiten bei Feuerwehr, THW oder anderen Organisationen erworben. Kann ich mir diese zu Nutze machen?

- Kann ich Mitarbeiter, die als Reserve-Soldaten oder bei den Blaulicht-Organisationen ausgebildet sind, gezielt für Übungen freistellen und davon sogar profitieren?

- Sollten Mitarbeiter für die Gefahrenlage sensibilisiert werden?

- Braucht unser Unternehmen einen Notfallplan und ein Krisen-Training?

- Wie kann ich einer möglichen Unterbrechung meiner Lieferketten vorbeugen?

Mit welchen personellen Folgen muss mein Unternehmen im Konfliktfall/Bündnisfall rechnen?

Im Verteidigungsfall würden bundesweit 50.000 Reservesoldaten mit fest zugewiesenen Funktionen eingezogen. Weitere bis zu 850.000 Personen sind als Reservistinnen und Reservisten erfasst und könnten je nach Lage-Entwicklung zur Verteidigung eingesetzt werden, etwa um logistische Knotenpunkte zu sichern. Diese fehlen dann in den Unternehmen. Betriebe sind daher gut beraten, zunächst durch (freiwillige) Befragung in der Belegschaft zu ermitteln, wer als Reservesoldat eingesetzt werden könnte. Dann könnten Konzepte entwickelt werden, wie diese Personen kurzfristig ersetzt oder wie auf deren Ausfall anderweitig reagiert werden könnte. 

Wie stelle ich eine Resilienz in meinen Prozessen sicher?

Im Verteidigungsfall ist mit einer massiven Störung der Lieferketten zu rechnen – international genauso wie auf nationaler Ebene. Für unverzichtbare Roh- und Betriebsstoffe oder Zulieferteile könnte eine eigene Vorratshaltung angezeigt sein. Denken Sie auch an die zahlreichen osteuropäischen LKW-Fahrer, ohne die unsere Güterlogistik kaum funktionsfähig wäre. Was wäre, wenn diese Fahrer in ihren Heimatländern eingezogen würden? Je nach Abhängigkeit ihres Unternehmens von dieser Logistik könnte es sinnvoll sein, eigene Mitarbeiter vorsorglich zu LKW-Fahrern auszubilden.