IHK Jahresempfang 2022

„Es geht um den Wohlstand in unserer Zukunft“

„Die Politik beschäftigt mich aktuell sehr. Es gibt viel zu kritisieren“, bekannte Präsident Andreas Rother beim IHK-Jahresempfang Mitte November. Gastredner CDU-Chef Friedrich Merz, nahm die Kritik auf. Aus seiner Sicht sind eine falsche und zu teure Energiepolitik und der Fachkräftemangel eine zunehmende Belastung für die Wirtschaft.

„Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 markiert den Beginn einer neuen Realität“, betonte Andreas Rother gleich zu Beginn seiner Rede. Er spreche zwar viel lieber über die Stärken und die Herausforderungen der Region Hellweg-Sauerland, doch der Krieg sei eine Zeitenwende, „politisch wie wirtschaftlich“.

Rother betonte, dass die Ukraine die volle Solidarität der Wirtschaft genieße. Die russische Aggression sei nicht nur ein Angriff auf die Ukraine. Sie sei auch ein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, auf die europäische Friedensordnung und auf das freiheitliche Wirtschaftssystem. Darum seien die Sanktionen gegen Putin richtig. Doch Putin führe auch einen Energiekrieg gegen Europa. Rother: „Die deutsche Russland- und Energiepolitik in den vergangenen 20 Jahre hat sich als falsch erwiesen – man könnte auch sagen, sie war erschreckend naiv.“ Wie könne es sein, dass Deutschland in eine solche politische Abhängigkeit geraten ist, fragte Rother in Richtung Politik: „Ich möchte feststellen, dass sowohl SPD als auch CDU als langjährige Regierungsparteien in der politischen Verantwortung stehen.“

Andreas Rother IHK Jahresempfang 2022
Foto: Wolfgang Detemple

Trotz voller Gasspeicher und gesunkener Preise auf dem Gasmarkt, bleibe die Gefahr eines Gasmangels existent, so Rother. Wenn Unternehmen ihre Produktion einstellen müssten, folgen Pleitewelle und hohe Arbeitslosigkeit. Das würde der Region mit ihrer starken Industrie dauerhaft schaden. „Es droht uns eine Deindustrialisierung. Es geht um den Wohlstand in unserer Zukunft. Es geht um Existenzen!“, appellierte er an die Politik. Diese müsse ohne ideologische Barrieren über die zur Verfügung stehenden Technologien sprechen. Und bei ihren ambitionierten Klimazielen auch ambitionierte Ziele zur Entbürokratisierung setzen. Der ausbleibende Baufortschritt bei der Rahmedetalbrücke als auch die langwierigen Genehmigungsverfahren beim Ausbau von Stromtrassen nannte er als Beispiele für nicht nachvollziehbare Verzögerungen: „Wirtschaftsförderung muss kein Geld kosten. Einfach Bürokratie abbauen und Verfahren beschleunigen.“

Entscheidend sei, so Rother, was man aus den Fehlern für die Zukunft lerne. Die Verwerfungen der Pandemie hätten gezeigt, dass Lieferketten diversifiziert, Abhängigkeiten abgebaut und die Wirtschaft resilienter werden müssen. „Und wahrscheinlich müssen wir auch einen Teil der Produktion zurück nach Deutschland und Europa holen“, folgert er. Aber auch die Politik müsse aus Fehlern lernen. Sie müsse genau hinsehen, wenn sich China signifikant in den deutschen Wirtschaftsstandort einkauft. „Freier Markt, freie Möglichkeiten, dafür steht unsere Wirtschaftsordnung. Was China an wirtschaftlichen Freiheiten bei uns nutzt, muss auch deutschen Investoren in China ermöglicht werden.“

Friedrich Merz warnte mit Blick auf die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage und auf viele Konjunkturprognosen vor einer Rezession im ersten Halbjahr 2023. „Das wird ein tiefer Einschnitt für viele Unternehmen sein, das wird ein tiefer Einschnitt für viele Privathaushalte sein und das wird auch ein tiefer Einschnitt für manche Kunden- und Lieferbeziehung sein.“

„Wir brauchen in diesem Land eine verlässliche Energieversorgung“, forderte Merz. Das höre sich sehr trivial an, sei es aber nicht mehr, sagte er und schlussfolgerte, dass das Land darum einen Masterplan Energie benötige. „Die Energiefrage wird meiner Einschätzung nach für dieses Land, ein Land mit hoher Produktion, für ein Industrieland, das es bleiben will und bleiben muss, eine der wesentlichen Fragen sein.“ Es sei zu beantworten, ob Deutschland in der Lage sei, den Wohlstand auch im nächsten Jahrzehnt zu erhalten oder ob das Land erstmalig seit dem zweiten Weltkrieg mit ernsthaften Wohlstandsverlusten konfrontiert sein wird.

Friedrich Merz IHK Jahresempfang 2022
Foto: Detemple

Deutschland sei immer abhängig gewesen von importierter Primärenergie, blickt Merz zurück. Und das Land werde es zumindest so lange nicht schaffen, den Bedarf allein mit Wind- und Sonnenenergie zu decken, wie es an Speicherkapazitäten mangele. Er fordert darum: „Wir werden darüber reden müssen, ob die drei Atomkraftwerke nicht weiterlaufen müssen.“

Das kommende Jahr werde schwer, zeigte sich Merz zwar realistisch. Aber er hoffe, dass die Krise so genutzt wird, wie in Deutschland und Europa schon häufig: „Schwere Zeiten erfordern und wecken neue Kreativität.“ Er möchte sich darum dafür einsetzen, dass der Staat den Unternehmen mehr Freiräume gibt für Innovationen und technologischen Fortschritt. Dazu sei es notwendig, den Mindset zu ändern, damit „wir nicht mehr nur darüber reden, wo wir aussteigen in diesem Land, sondern endlich mal wieder darüber sprechen, wo wir einsteigen.“ Er will in den Vordergrund gestellt wissen, „dass dies ein hochindustrialisiertes, hoch innovatives, technologiefreundliches Land ist. Dass wir Industriestandort bleiben wollen. Dass der Kern unserer Volkswirtschaft produzierende Industrie ist.“


Videos vom Jahresempfang

Alle Videos: Luisa Feldmann

Andreas Rother: "Solidarität mit der Ukraine"

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Andreas Rother zur Russland- und Energiepolitik

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Andreas Rother über einen drohenden Gasmangel

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Andreas Rother zur dualen Ausbildung

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Friedrich Merz zum Krieg in der Ukraine

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Friedrich Merz über Russland

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Friedrich Merz über die drohende Rezession

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Friedrich Merz fordert Masterplan Energie

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Friedrich Merz über Ausbildung und Fachkräfte

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Friedrich Merz über neue Kreativität in schweren Zeiten

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Impressionen vom Jahresempfang 

Alle Fotos: Wolfgang Detemple

Galerie 1

Galerie 2

Galerie 3

Galerie 4

Videos und Fotos siehe unten.

Bestenehrung

Bestenehrung Jahresempfang 2022
Foto: Detemple

Hauptgeschäftsführer Jörg Nolte und Präsident Andreas Rother haben auf der Bühne des Jahresempfangs zwei Beste geehrt und auch Ehrengast Friedrich Merz gratulierte zum herausragenden Erfolg: Marcel Scherwing von der Firma Rembe in Brilon ist landesbester Absolvent der Ausbildung zum Fertigungsmechaniker und Hans-Christian Frieslich Bester der Weiterbildung zum geprüften Handelsfachwirt.

Andreas Rother hatte schon zuvor in seiner Rede gute Nachrichten zur dualen Ausbildung verbreitet. Trotz der stark rückläufigen Bewerberzahlen konnte die IHK bis Oktober acht Prozent mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr registrieren. Das ist landesweite Spitze. Rother: „Die Unternehmen am Hellweg und im Sauerland bekennen sich trotz der schwierigen Konjunkturprognose zum Standort und zur Fachkräftesicherung durch Ausbildung. Die enormen Bemühungen, mehr junge Menschen für den Einstieg in die berufliche Karriere zu begeistern, zeigen Erfolge. Das macht Mut, das gibt Zuversicht und darf uns stolz machen.“